Therapie mittels IPK plus bei postoperativen Ödemen

(Lesezeit 7 Minuten)

Therapie und deren Ziele: Gemäß der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie und Lymphologie wird speziell über eine Ödemreduktion bei posttraumatischen bzw. postoperativen Ödemen mittels Komplexer Physikalischer Entstauungstherapie (KPE) – daher auch in Kombination mit Kompressionstherapie – der Heilungsverlauf beschleunigt und die Häufigkeit von Komplikationen wie Lymphozelen, Seromen und Keloidnarben reduziert. Der über die Therapie erlangten Schmerzreduktion wird eine gewichtige Rolle bei der Unterstützung des Heilungsprozesses zugeschrieben [1]. Tierexperimentelle Untersuchungen zeigten, dass nach Traumen über einen frühen dreiwöchigen Einsatz von MLD/KPE-Behandlungen eine vermehrte Regeneration von Lymphgefäßen im Narbengebiet erreicht wurde [2]. Gestützt wird diese Erkenntnis auch durch jüngere prospektiv randomisierte Studien, bei denen ein signifikanter Vorteil hinsichtlich der Prävention sekundärer Lymphödeme nachgewiesen wurde, nachdem zeitnah nach Operationen über drei Wochen KPE-Behandlungen erfolgten [3]. Auch wenn die gleich vorgestellten Fälle nicht alle in einen direkten Bezug zu posttraumatischen Zuständen, wie sie bei Athletinnen und Athleten vorkommen, gestellt werden, sind die gesammelten Erfahrungen jedoch eins zu eins übertragbar, weil es letztendlich in der Behandlung nicht auf die Ursache einer Traumatisierung ankommt. Vielmehr steht die entscheidende Frage im Raum, ob man in der jeweiligen Situation einer Person eine solche Entstauungstherapie zumuten kann oder nicht. Bezüglich der Behandlung von posttraumatischen Ödemen sollte selbstverständlich bei Patienten nach frischen Frakturen und bei Verdacht auf ein vorliegendes Kompartment-Syndrom keine IPK-Plus Behandlung erfolgen. Weiterhin muss der Zustand der Haut so stabil sein, dass dieser die zwangsläufig entstehenden mechanischen Reize zugemutet werden können [4]. Das nun folgende erste Beispiel beschäftigt sich mit einem Patientenkollektiv, das trotz eines sehr hohen Schweregrads an großflächiger Traumatisierung gut verträglich von der IPK+-Behandlung profitiert. Ein Beispiel, das ermutigt, auch bei vielen anderen infrage kommenden Fällen auf dieses Verfahren zurückzugreifen zu können.

Zustand nach Liposuktion – klappt es hier, geht vieles mehr

Bei dieser Patientinnen Gruppe verfügt der Anwender in enger ärztlicher Kooperation seit 2017 über Erfahrungen aus der Therapie von weit mehr als 50 Fällen. Indiziert ist eine solch chirurgisch vorgenommene „Fettabsaugung“ bei krankhaft ausufernden Fettverteilungsstörungen in der unteren Körperhälfte. Bei den zu meist betroffenen Frauen imponieren postoperativ in der gesamten unteren Körperhälfte ausgeprägte posttraumatische, von Hämatomen begleitete Ödeme. Die Patientinnen sind 24 Stunden nach dem Eingriff und daher zu Beginn der ersten Therapiesitzungen sehr berührungsempfindlich; die Bewegung ist deutlich eingeschränkt; starke Schmerzzustände sind die Regel. Aufgrund der stattlichen Größe der zu behandelnden Fläche wurden die ersten Behandlungsserien sicherheitshalber von internistischen Untersuchungen begleitet durchgeführt. Da sich aber stets keine bedenklichen Auffälligkeiten zeigten, wurden später keine solchen Untersuchungen mehr als notwendig erachtet.

Therapieregime, nach ärztlicher Verordnung: Den Patientinnen stellen wir die doppelte Menge der zur IPK+ gehörenden Polsterungen zur Verfügung, diese sind mit weichen Würfelmaterial gefüllt und halten auch einer Kochwäsche stand. Die Behandlungen werden in einer bis über den Bauchnabel reichenden Hosenmanschette durchgeführt. Mit niedrigster Druckeinstellung beginnend, steigern wir den Druck bis zu einer Stufe, die von den Patientinnen noch als angenehm empfunden wird. Mit dieser dann jederzeit von den Patientinnen korrigierbaren Einstellung wird die Behandlung über einen Zeitraum von etwa 60 Minuten durchgeführt. Angestrebt wird eine IPK+-Behandlung über entblößter Haut, jedoch kann eine solche auch ausnahmsweise mit angehaltenen Kompressionsstrümpfen stattfinden, wenn das An- und Ausziehen dieser noch als zu unangenehm empfunden wird. Weitere Therapiesitzungen finden dann in den ersten sieben Tagen in gleicher Weise täglich statt. An Sonn- und Feiertagen kann eine Eigenbehandlung zusammen mit einer helfenden Person in Erwägung gezogen werden, die dann auch ab dem achten Tag in dieser Art fortgesetzt werden kann. Nach unseren Erfahrungen greifen die Patientinnen gerne auf ein Mehr an Behandlungen zurück, als im Prinzip erforderlich wäre. Sie argumentieren, dass sie sich nach den Sitzungen sehr wohl fühlen und die Anwendung als solche als angenehm und entspannend empfinden. Nicht selten fallen anwendende Personen unter der Anwendung in tiefen Schlaf, und wohlige Schnarchgeräusche dringen vom Ort der Behandlung nach außen.

Therapieende und Fazit: Abhängig vom Schweregrad verschwinden irgendwann sowohl die Schwellungen und Hämatome dauerhaft; die Therapie kann somit beendet werden. Mehrheitlich sind die Rückmeldungen der Patientinnen u. a. im Hinblick auf die Reduktion von Schmerz und die Verbesserung der Beweglichkeit sehr erfreulich. Unter den IPK+-Anwendungen kommt es verglichen mit Manueller Lymphdrainage sowie traditionell durchgeführter IPK zu einer erheblich stärkeren sicht- und tastbaren Ödemreduktion. Ab einem bestimmten Schweregrad gelingt es sogar, die passager wiederkehrenden Schwellungen innerhalb einer Sitzung vollständig zu eliminieren. Palpatorisch stellen sich die entstauten Bereiche letztendlich meist als ein gut gelockertes und unauffälliges Hautbild dar. Unerlässlich ist eine begleitende Therapie mittels qualitativ hochwertigen medizinischen Kompressionsstrumpfversorgungen.

Zustand nach operativen Eingriffen

In enger Analogie zu dem vorangegangenen Bericht bestehen ebenso gute Erfahrungen auch bei weiteren Patientengruppen und der Durchführung eines solchen Therapieregimes: Patienten: innen erhalten auch hier präoperativ eine medizinische Kompressionsstrumpfversorgung (MKSV) und werden im Optimalfall zusammen mit einer weiteren Person aus dem häuslichen Umfeld durch eine Fachkraft in der Anwendung von IPK+ unterwiesen, die auch die erste Anwendung überwacht. Weitere IPK+-Behandlungen können Patienten: innen, begleitet von Visiten im Haus oder einer Klinikeinrichtung, stets in Verbindung mit der bereits vorhandenen MKSV, selbstständig ausführen. Leihweise steht die Technik den Patienten: innen rund um die Uhr zur Verfügung, so ist jede von Ärzten: innen, Therapeuten: innen und Patienten: innen als sinnvoll zu erachtende Dosierung gewährleistet. Die Therapieziele sind auch hier die Vermeidung möglicher Komplikationen, Verringerung der Schmerzhaftigkeit und eine Optimierung und Beschleunigung des Heilungsverlaufs. Darüber hinaus sehen wir auch hier eine erhebliche Verbesserung der Lebensqualität in der postoperativen Phase bis hin zur vollständigen Heilung.

Wer kann die Methode anwenden, und wie sollte diese eingesetzt werden?

Im Idealfall sollte eine Behandlung von Ärzten:innen und Lymphdrainage-Therapeuten:innen mit bereits bestehender Erfahrung in der Therapie von posttraumatischen bzw. postoperativen Ödemen eingeleitet werden; denn eine Unterweisung im therapeutischen Umgang mit dieser Problematik ist zu dem Zeitpunkt bereits über einen Ausbildungslehrgang in Manueller Lymphdrainage und Komplexer Physikalischer Entstauungstherapie erfolgt. Bezüglich der Intensität, Zeitdauer etc. orientiert man sich bei einem Einsatz der IPK+ analog an einer bereits vermittelten Vorgehensweise.

Schulung: Das IPK+-Verfahren ist schnell erlernbar, in der Zusammenarbeit mit einem Medizintechniker bieten wir nach individueller Vereinbarung bundesweit Schulungen an.

Darüber organisieren wir Seminare und Workshops, bei denen die notwendige Routine in der Anlage von Lymphologischen Kompressionsverbänden erlangt wird. Modifizierte Formen dieser Technik speziell für Patienten mit posttraumatischen bzw. postoperativen Ödemen werden dort vermittelt. Weiterhin wird der Frage nachgegangen, welche medizinischen Kompressionsbestrumpfversorgungen in Frage kommen und wie diese optimal zum Einsatz gebracht werden können.

Kontraindikationen: Es gelten bei der Anwendung der IKP+ die für die MLD/KPE bekannten und in den Leitlinien aufgeführten Gegenanzeigen [1,5]. IPK+-Anwendungen müssen für die Patienten beschwerdefrei durchgeführt werden können; ist dies nicht gegeben, sollte keine IPK+-Behandlung durchgeführt werden. Klaustrophobie (Platzangst) macht ab bestimmten Schweregraden eine Anwendung unter Umständen nicht möglich. Sehr selten ereignen sich allergische Hautreaktionen nach einem Kontakt mit Schaumstoffen.

Therapieende und Fazit: Abhängig vom Schweregrad verschwinden irgendwann sowohl die Schwellungen und Hämatome dauerhaft, die Therapie kann somit beendet werden. Mehrheitlich sind die Rückmeldungen der Patientinnen u. a. im Hinblick auf die Reduktion von Schmerz und die Verbesserung der Beweglichkeit sehr erfreulich. Unter den IPK+-Anwendungen kommt es verglichen mit Manueller Lymphdrainage und traditionell durchgeführter IPK zu einer erheblich stärkeren sicht- und tastbaren Ödemreduktion. Ab einem bestimmten Schweregrad gelingt es sogar, die passager wiederkehrenden Schwellungen innerhalb einer Sitzung vollständig zu eliminieren. Palpatorisch stellen sich die entstauten Bereiche letztendlich meist als ein gut gelockertes und unauffälliges Hautbild dar. Unerlässlich ist eine begleitende Therapie mittels qualitativ hochwertigen medizinischen Kompressionsstrumpfversorgungen.

Literatur:
[1] S2k-Leitlinie Diagnostik und Therapie der Lym­phödeme [AWMF Reg.Nr. 058-001]. 2017. http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/058-001.html
[2] Hutzschenreuter P, Brümmer H, Ebberfeld K. Experimentelle und klinische Untersuchungen zur Wirkungsweise der manuellen Lymphdrainage-Therapie. Zeitschrift für Lymphologie, 1989; 13 (1): 62–64
[3] Torres Lacomba M et al. Effectivness of early physitherapy to prevent lymphoedema after surgery for breast cancer: randomised, single blinded, clinical trial. BMJ, 2010; 340: b5396. BMJ 2010; 340: b5396. doi: 10.1136/bmj. b5396
[4] Morand M. Führt eine definierte Abpolsterung unter der Intermittierenden pneumatischen Kompressionstherapie (IPK-Plus) zu einer Verbesserung der Entstauung beim Lymphödem? Lymphologie in Forschung und Praxis, 2019; (23) 2: 108–111
[5] Schwahn-Schreiber C et al. S1-Leitli­nie Intermittierende pneumatische Kom­pression (IPK, AIK) [AWMF Reg.Nr. 037/007]. 2018. http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/037-007.html (Zugriff am 15.07.2023)


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