Ist Intermittierende pneumatische Kompressionstherapie in Kombination mit definierten Polsterungen (IPK+) ein kostengünstiges Behandlungsverfahren?

Einleitung: Die Motivation, sich auf etwas Neues wie die IPK +-Methode einzulassen, kann nur erwartet werden, wenn sich daraus deutliche Vorteile ableiten lassen, im optimalen Fall eine Verbesserung der Versorgungsqualität, gepaart mit wirtschaftlichen Vorteilen. Ab 2015 wurde die IPK+ -Therapie zunächst nur von Martin Morand und seinem Team an zugehörigen Patientinnen/-en praktiziert. Sie wird inzwischen jedoch auch anderenorts angewendet und kann bereits auf mehrere Jahre Erfahrung aus Komplexer Entstauungstherapie in Behandlungseinrichtungen, Eigenbehandlung durch Patienten und den Einsatz der Methode in der Betreuung von Athletinnen/-en zurückgreifen. Nachdem an anderer Stelle bereits ausführlich die Vorteile für die oben genannten Personengruppen in der Therapie erläutert wurden, geht es in dieser Abhandlung eher um die damit verbundenen wirtschaftlichen Aspekte.

Vorteile von IPK + gegenüber der IPK in traditioneller Arbeitsweise (IPK itA)

Während die seit Jahrzehnten angewandte IPK weltweit als ein etabliertes Behandlungsverfahren angesehen werden kann, ist deren Weiterentwicklung zur IPK+ Methode über Deutschland hinaus bisher nur wenig bekannt. Seit 2018 gibt es frei zugängliche Veröffentlichungen, in denen das Verfahren ausführlich dargestellt wird [1]; daher ist im Kontext dieser Abhandlung der folgende kurze Überblick für diejenigen gedacht, denen die Methode bisher noch nicht bekannt wurde.

Wird IPK in Kombination mit definierten Multifunktionspolsterungen angewendet, wird ein beträchtlicher Mehrwert erlangt, und darüber hinaus wird die gepolsterte Variante auch als signifikant angenehmer empfunden. Unabhängig bestätigt dies nun auch eine in 11/2022 veröffentlichte klinische Studie aus der Universitätsmedizin Greifswald. Deren Daten zeigen eine signifikant stärkere Ödemverdrängung sowie eine mit IPK + deutlich bessere Wirkung im Kniebereich und denen der Leiste nahen Anteile des Oberschenkels [2]. Nur über Polsterungen in Muffform, die ringförmig den epifaszialen Gewebezylinder umschließen, gelingt es, diese Schwachstelle auszuschalten. Darüber hinaus kann erst über Polsterungen gezielt Einfluss auf die Druckübertragung zwischen Haut und einer zu IPK verwendeten Manschette genommen werden. Außerdem lässt sich nur so eine Wirkung auf den Rumpf- und Genitalbereich erreichen, was allein mit IPK nicht gelingt. Von der Anwendung der IPK itA gab es bereits 2013 veröffentlichte Daten einer wissenschaftlichen Untersuchung, in der diese Problematik erstmalig erkannt und beschrieben wurde [3]. Gewebemobilisierende Effekte sind unter dem Einwirken von massenhaft in den dickwandigen Polsterungen untergebrachten kleinen elastischen Schaumstoffwürfeln, die sich unter Druck sanft in den epifaszialen Hautzylinder eingraben, möglich, nicht jedoch, wenn feste, glatte Flächen gegeben sind. Gleichzeitig bewirken darüber induzierte Scherkräfte Massageeffekte, über die eine deutlich spürbar lockernde Wirkung erzielt wird. Angenommen wird, dass sich gleichzeitig unter Scherkräften auch die Viskosität (Zähigkeit) proteinreicher Ödemflüssigkeit verringert, da diese, reich an biologischen Polymeren, als ein nicht Newtonsches Fluid mit dem Verhalten von Strukturviskosen klassifiziert werden darf und sich somit die augenscheinlich starke ödemverdrängende Wirkung in kurzer Zeit zusätzlich erklären könnte. Der Ansatz, über eine Senkung der Viskosität eine stärkere Ödemverdrängung zu erreichen, darf als neu betrachtet werden. IPK+ wird von Patientinnen/-en mit posttraumatischen Ödemen gut toleriert und im Vergleich zu IPK itA als signifikant angenehmer empfunden.

Anhand der nun folgenden Informationen sollen an der Methode Interessierte in die Lage versetzt werden, gemäß ihrer Zuordnung individuell auf sie zugeschnittene Berechnungen vornehmen zu können.

Anschaffungskosten für IPK-Geräte und Multifunktionspolster: Die Frage, ob es sich bei der IPK bzw. IPK+ um kostengünstige Verfahren handelt, kann vorweg mit „ja“ beantwortet werden, denn die zur Durchführung der IPK benötigte Grundausstattung an Geräten und Manschetten weist eine sehr lange Lebensdauer auf. Von einem namhaften Hersteller wird außerdem für seine Produkte offiziell eine 10jährige Gewährleistung angegeben. Einrichtungen wie Kliniken, die täglich IPK anwenden, bestätigen solche Einschätzungen. Rechnet man den Anschaffungspreis durch die zu erwartende Lebensdauer und legt dabei einen täglichen Einsatz zu Grunde, errechnen sich zur Zeit Kosten, die deutlich unter einem Euro liegen. Analog verhält es sich bei den zur erweiterten Form der IPK Anwendung notwendigen Polsterungen, wo selbst bei einem angenommenen täglichen Einsatz lediglich Kosten in Höhe von ca. 16 Eurocent pro Stück und Tag anfallen (Stand 04/2023).

Personelles Einsparpotential: IPK+ kommt seit 2016 in der Therapie zum Einsatz, und die Erfahrungen zeigen, dass über die apparative Unterstützung in erheblichem Maß personelle Ressourcen eingespart werden können.

Nach diesen zunächst allgemein gehaltenen Informationen betrachten wir nun, was in diesem Kontext für den oben bereits genannten Personenkreis speziell von Belang sein dürfte.

IPK+: Anschaffung auf eigene Kosten, lohnt sich das?

Kombinierte Entstauungstherapie: Weltweit finden sich in fast jedem Land der Erde Menschen mit lymphangiologischen Ödemerkrankungen, denen jeglicher Zugang zu wirkungsvoller Behandlung verwehrt bleibt, oder aber adäquate Therapieangebote für diese unbezahlbar sind. Für diese besteht die reale Gefahr von schweren Beeinträchtigungen, die auf vielfältige Weise schwerwiegende Konsequenzen für das Leben der Betroffenen und ihrer Angehöriger zur Folge haben können. Es soll nicht der falsche Eindruck entstehen, dass IPK+ diese Probleme vollständig lösen könnte, aber bei Betrachtung dessen, was über die therapeutischen Wirkungen bereits bekannt ist, kann sich fallbezogen der Einsatz IPK + durchaus als Gewinn erweisen. Voraussetzung ist allerdings, dass vor Ort auf eine gewisse zur Lymphödemtherapie benötigte Infrastruktur zurückgegriffen werden kann. 04/2023 -Ein Beispiel: 2018 wurde in Armenien einem Therapeutenteam zunächst an einem Tag alles Nötige zum Thema IPK+ vermittelt, wonach innerhalb von nur 24 Stunden vor Ort in großer Zahl frisch gefertigte Polsterungen zur Verfügung standen. IPK- Geräte und Manschetten im Wert von ca. 6.800 Euro waren dort bereits vorhanden, was bedeutet, dass die Armenier bereits in der Lage gewesen sind, Erfahrungen mit IPK itA zu sammeln. Bei dem Pilotprojekt mit IPK + wurde zeitnah zur Schulung über einen Zeitraum von 5 Tagen eine Vielzahl an Patienten von dem frisch ausgebildeten Team, begleitet von einer Dozentin und Martin Morand, therapiert. IPK wird seitdem ausschließlich nur im Plusformat eingesetzt. Eine viel höhere Anzahl von Patientinnen/-en kann gleichzeitig versorgt werden. Die Kosten für die mit Kompressionstherapie gekoppelten Therapiesitzungen konnten deutlich gesenkt werden.

In der Sportphysiotherapie kann die IPK in traditioneller Arbeitsweise inzwischen als etabliert angesehen werden. Athletinnen/-en nutzen IPK hauptsächlich zur Regeneration. Sehr gut lassen sich zusammen mit anderen Maßnahmen damit die Folgen von Mikrotraumen in der Muskulatur, dem sogenannten „Muskelkater“, und damit einhergehend „schwere Beine“ therapieren. Darüber hinaus wurde berichtet, dass IPK in ruhiger Atmosphäre angewendet, einen Beitrag zur Relaxation und Entspannung leistet und die Therapiefrequenz zusätzlich benötigter Physiotherapie reduziert werden konnte [4]. Allerdings dürfte IPK itA in der Behandlung von verletzungsbedingten Schäden im Vergleich zu anderen Therapieoptionen gesehen eher nur bescheidene Resultate erwarten lassen. Dies erscheint verbesserungswürdig, denn bei der Behandlung posttraumatischer Ödeme erreicht man über entödematisierende Therapien eine Verbesserung der Weichteilheilung und Schmerzhaftigkeit [5]. Dazu werden in der Fachliteratur die Manuelle Lymphdrainage und Komplexe Physikalische Entstauungstherapie (MLD/KPE) als das Optimum angesehen. Verankert ist diese Sichtweise auch in der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Lymphologie. Konstatiert wird, dass der Heilungsverlauf beschleunigt und die Häufigkeit von Komplikationen wie Lymphozelen, Serome und Keloidnarben reduziert wird. Auch der über die Therapie erlangten Schmerzreduktion wird eine zusätzliche Unterstützung des Heilungsprozesses attestiert [6]. Tierexperimentelle Untersuchungen zeigten, dass nach Traumen über einen frühen dreiwöchigen Einsatz von MLD-Behandlungen eine vermehrte Regeneration von Lymphgefäßen im Narbengebiet erreicht wurde [7]. Gestützt wird diese Erkenntnis auch durch jüngere prospektiv randomisierte Studien, bei denen ein signifikanter Vorteil bzgl. der Prävention sekundärer Lymphödeme nachgewiesen wurde, nachdem zeitnah nach Brustkrebs-Operationen über drei Wochen MLD-Behandlungen erfolgten [8]. Theoretisch betrachtet klingt alles sehr gut; zieht man jedoch in Betracht, welches Therapieregime im Optimalfall erwartet wird, könnte sich bei vielen recht schnell eine deutliche Ernüchterung einstellen.
Denn es wird vorausgesetzt, dass nach Erste Hilfe-Maßnahmen und ärztlicher Untersuchung zu Beginn der Therapie, in der Entzündungsphase, während ca. 7 Tagen bis zu 4 Anwendungen täglich erfolgen sollen. Vom siebten bis zum fünfzehnten Tag, d.h. in der Proliferationsphase, werden 3 Anwendungen pro Woche als ausreichend angesehen [9].
Kommentar: Die positiven Wirkungen hochdosierter KPE sind sicher nicht von der Hand zu weisen; allerdings dürften Patienten im Normalfall kaum in den Genuss einer solchen Zuwendung gelangen, wenn solche Leistungen nur durch speziell ausgebildetes Personal erbracht werden können. Abgesehen davon ist - global und wirtschaftlich beleuchtet - eine nicht gerade kostengünstige, qualitätsgesicherte MLD/KPE nur einer kleinen Minderheit der Erdbevölkerung zugänglich. Gering ist auch die Zahl derer, welche die Kosten dafür selbst aufbringen könnten. Nur in sehr wenigen Ländern übernehmen Krankenversicherungen dafür die Kosten.
IPK+ als Therapieoption: Als ein Beitrag zu einer verbesserten Versorgung wird das von dem Autor entwickelte und in diesem Sektor klinisch erprobte Verfahren IPK+ angesehen. Es ist hochwirksam, wenig personalabhängig, kostengünstig und auch von Laien nach Aufklärung und rasch durchführbarer Schulung durch dafür ausgebildetes medizinisches Personal innerhalb kurzer Zeit ohne fremde Hilfe anwendbar. Nach Ausschluss von Kontraindikationen, beschwerdefreier Durchführung sowie korrekter Geräteanwendung handelt es sich bei der IPK+ um eine sichere Therapiemaßnahme [10]. Zum Thema „Einsatz der IPK+ bei der Therapie posttraumatischer bzw. postoperativer Zustände“ stehen für näher Interessierte nach Abruf ausführliche Informationen zur Verfügung.

Betrifft in Deutschland gesetzlich krankenversicherte Anwenderinnen/-en mit einer chronisch lymphangiologischen Ödemerkrankung:

Aufgrund langjähriger Erfahrung kann bei den zwei angebotenen Arten von Multifunktions-polsterungen (MFP) mit einer Haltbarkeit von mindestens 3 bis 5 Jahren gerechnet werden, selbst wenn diese täglich zum Einsatz kommen. Ausgehend von diesen Werten ergeben sich Kosten in Höhe von 15 bis 16 Eurocent pro Tag und Polster. Während zur Therapie eines Arms oder Unterschenkels eine MFP ausreicht, sind bei einer angenommenen Behandlung beider Beine 4 Komponenten (0,94/Tag) erforderlich. Mit Stand 04/2023 müssen die Kosten für die Polsterungen noch durch die Patientinnen/-en selbst getragen werden. Jedoch werden nach ärztlicher Verordnung und einer Genehmigung durch die Krankenversicherung die Kosten für die Geräte zur Durchführung der IPK von der GKV übernommen. Für Patientinnen/-en mit chronischem Lymphödem, die sich aus schulmedizinischer Sicht auf Dauer in physiotherapeutische Behandlung begeben sollten, trägt die GKV 90 % der Behandlungskosten. Verbleibende 10% der Kosten für Manuelle Lymphdrainage (MLD), Kompressionsverband etc. plus 10 Euro pro Heilmittelverordnung müssen als Zuzahlung selbst getragen werden. Ausgenommen ist dabei nur ein kleineres Kollektiv mit von der Zuzahlung Befreiten. Dazu ein Beispiel: Eine Heilmittelverordnung über 10 X MLD zu je 60 min. kostet dann 70,14 + 10,00 = 80,14 Euro (Stand 04/2023). Zu den 7 bis 8 Euro pro Sitzung, die die Versicherten demnach selbst tragen müssen, könnten noch weitere Kosten wie z.B. Fahrgeld hinzukommen; auch ein etwaiger Verdienstausfall ist in diesem Kontext zu berücksichtigen. Solche Aspekte sind von Belang, wenn nach ärztlicher Rücksprache die Intensität der Physiotherapie dank des Einsatzes einer häuslich durchgeführten IPK+ -Therapie nicht selten deutlich gesenkt werden kann. Inwiefern sich für einzelne Patientinnen/-en ein Potential für Einsparungen ergibt, kann nur auf den Einzelfall bezogen beantwortet werden. Ich hoffe, dass diese vorausgegangenen Informationen dazu Aufschluss geben.

Verantwortliche für Qualität und Ausgabenentscheidungen

Es sollte in deren Interesse liegen, wissenschaftliche Studien in Auftrag zu geben, denn es spricht viel dafür, dass die daraus resultierenden Ergebnisse zu der Erkenntnis führen werden, dass zu einer verbesserten Patientenversorgung in einem erheblichen Maß Kosten eingespart werden könnten. Nach vielen Veröffentlichungsaktivitäten ab 10/2018, praktischer Demonstration der Methode an Patientinnen/en in Anwesenheit von ärztlich wissenschaftlichen Expertinnen/-en und guten Ergebnissen einer klinischen Studie aus der renommierten Universitätsmedizin in Greifswald sind mir von Seiten der Fachwelt bisher weder Bedenken noch Kritik an der IPK+-Methode bekannt geworden, dafür aber viel Anerkennung und Lob. Dennoch muss leider festgestellt werden, dass - aus welchen Gründen auch immer - innerhalb der wissenschaftlichen Fachgesellschaften bis jetzt keinerlei Art von Förderung einer solchen von hohen Stellen als Innovation eingestuften Methode stattfindet.

Ich hoffe, einen guten Überblick gegeben zu haben, bin aber gerne für weitere Impulse offen und bedanke mich dafür bereits im Voraus!

Literatur
1. https://www.methode-morand.de/?lang=de&page=veroeffentlichungen
2. W. Konschake, H. Riebe, M.Vollmer, M. Jünger - Optimisation of intermittent pneumatic Compression in patients with Lymphoedema of the legs, European Journal of Dermatology, doi: 10.1684/ejd. 2022.4382
3. Olszewski WL, Jain P, Ambujam G, Zaleska M, Cakala M, Gradalski T. Tissue fluid pressure and flow in the subcutaneous tissue in lymphedema – Hints for manual and pneumatic compression therapy. Phlebolymphology 2010; 17:144-50.
4. Lichtenthal A: Intermittierende pneumatische Kompressionstherapie, ein Leitfaden für Klinik und Praxis, E. Raabe, S. Reich-Schupke (Hrsg.), Wirtschafts-und Praxisverlag, 2020.
5. Schwahn-Schreiber C: Intermittierende pneumatische Kompressionstherapie, ein Leitfaden für Klinik und Praxis, E. Raabe, S. Reich-Schupke (Hrsg.), Wirtschafts-und Praxisverlag, 2020.
6. S2k Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Lymphödeme [AWMF Reg.Nr. 058-001]. http://www. awmf.org/Leitlinien/Detail/ll/058-001.html, 2017.
7. Hutzschenreuter P, Brümmer H, Ebberfeld K: Experimentelle und klinische Untersuchungen zur Wirkungsweise der manuellen Lymphdrainage-Therapie. Zeitschrift für Lymphologie 1989; 13 (1):62-64.
8. Torres Lacomba M, Yuste Sanchez MJ, Zapico Goni A, Prieto Merino D, Mayoral del Moral o, Cerezo Tellez E, et al.: Effectivness of early physiotherapy to prevent lymphoedema after surgery for breast cancer: randomized, single blinded, clinical trial. BMJ 2010; 340:b5396. https://doi. org/10.1136/bmj.b5396.
9. H. Pritschow, C. Schuchhardt, et al.: Das Lymphödem und die KPE, ein Handbuch für die Praxis, S.62, H. Pritschow, C. Schuchhardt (Hrsg.), Viavital Verlag, 2014.


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