IPK-Plus-Methode

Die Wirkung traditionell angewandter IPK [5] verändert sich entschieden, wenn zwischen einer handelsüblichen Manschette und dem epifaszialen Gewebezylinder definierte Multifunktionspolsterungen mit hinzugefügt werden. Solche mindestens 7 cm starken, meist rundum liegende Polsterung ist gefüllt mit einer Unzahl an kleinen Schaumstoffwürfeln (0,3 -1,0 cm) aus Polyurethanschaum auf Polyetherbasis. An den Extremitäten verwendet man eine Muffe, an anderen Stellen kommen Kissen in Betracht, deren Wandung z.B. aus einem handelsüblichen Baumwollschlauchverband bestehen kann. Auf ein Absteppen einzelner Kammern wird bewusst verzichtet, damit nach dem Prinzip „hohe Auflage gleich höherer Druck“ fallbezogen regional Gestaltungsspielräume geschaffen werden können. Die Polsterungen können bei Bedarf einer Kochwäsche unterzogen werden, in der Regel genügt aber ein kurzer Waschgang mit einer niedrigen Temperatureinstellung (40 Grad). Durch die Unterpolsterung können signifikant höhere Drücke toleriert werden, und eine IPK-Anwendung unter solchen Bedingungen wird als deutlich angenehmer empfunden. Wird eine solche Anwendung über mehrere Stunden durchgeführt, kann eine beträchtliche Volumenreduktion herbeigeführt werden. Mit einer im Jahr 2019 erschienenen ersten Publikation von Martin Morand [2] wurde für diese von ihm entwickelte Methode die Bezeichnung „IPK-Plus“ eingeführt.

Die IPK-Plus-Methode: Innovative Anwendung der Intermittierenden Pneumatischen Kompressionstherapie (IPK)

Eine definierte Multifunktionspolsterung [1] unter IPK führt im Vergleich zur IPK im klassischen Sinn zu einer augenscheinlich verblüffenden, bisher unerreicht starken Ödem verdrängenden Wirkung. Auf vielfältige Weise kann sie gekoppelt mit Kompressionstherapie (Verbänden u. Strumpfversorgungen) in der Therapie von Patienten mit lymphangiologischen Ödemerkrankungen mit eingesetzt werden. Matin Morand verfügt über mehrere Jahre Erfahrung mit der IPK+ Methode und beobachtete deren Wirkung an Patienten erstmalig im Jahr 2015. Die Methode kann adjuvant zur Komplexen Entstauungstherapie (KET) mit eingesetzt werden und hilft, die vorgegebenen Ziele [7] einer KET erheblich schneller zu erreichen. IPK+ auch als Heimbehandlung erleichtert es, Behandlungserfolge zu konservieren und hilft darüber hinaus, diese zu optimieren. Vorübergehend Immobile Patienten mit Posttraumatischen- bzw. Postoperativen Ödem, für die in den ersten 7 Behandlungstagen (der Entzündungsphase) bis zu 4 KPE- Anwendungen täglich empfohlen werden [7], können diese leicht erlernbare Methode als Eigenbehandlung z.B. in ihrer häuslichen Umgebung durchführen. Bei kompressionspflichtigen Patienten mit gut dellbaren Ödemen, die keine ausgeprägte Lymphostatische Fibrose aufweisen, ist es möglich, mit nur einer IPK+-Behandlung eine maximal mögliche Entödematisierung herbeizuführen. Auf Ergebnisse aus einer 2013 erschienenen Veröffentlichung von G. Zaleska, W. Olszewski, et al. durch die eine eklatante Schwachstelle der IPK im Knie und proximal am Oberschenkels bereits bekannt war [3], ist der Autor erst nachträglich im Mai 2019 von Herrn Prof. Dr. Michael Jünger, Universitätsmedizin Greifswald, aufmerksam gemacht worden. Bevor Prof. Jünger den Entschluss fasste, eine Studie zur „Optimierung der IPK“ in Greifswald durchzuführen, wurde ihm auf seinen Wunsch hin die IPK + Methode an vier Patienten in der Schwerpunktpraxis für lymphologische Physiotherapie von Martin Morand demonstriert. Im Rahmen der dann wiederum in 12/2022 veröffentlichten klinischen Studie wird die Überlegenheit der IPK+ gegenüber der IPK in traditioneller Arbeitsweise nun auch unabhängig bestätigt. Dabei kommen die Autoren in ihrer Publikation zu dem Schluss, dass erst über den Weg der Polsterung eine effektive Wirkung in der Knieregion und Extremitätenwurzel erwartet bzw. erreicht werden kann. Ebenso bestätigt wird, dass mittels IPK+ im Vergleich zu IPK in traditioneller Arbeitsweise signifikant mehr Ödemreduktion erreicht wird [4]. Die in Greifswald untersuchten Patienten hatten schon vor den eigentlichen Untersuchungen eine leitlinienorientierte evidenzbasierte Entstauungstherapie erhalten, sodass auf einen weitestgehend entstauten Zustand hin nur noch letzte Reste einer Ödematisierung beseitigt wurden. Somit liegen die Resultate (siehe „IPK/IPK+ im Vergleich“) im Hinblick auf die Ödemreduktion sehr weit auseinander, denn die in 2017 von dem Autor untersuchten Probandinnen hatten zuvor von noch keiner Entödematisierenden Therapie profitiert. Über Polsterungen können anatomische Strukturen bewusst morphologisch verändert werden, da nur so anwendende Personen Einfluss auf die Druckübertragung von der luftgefüllten Manschette auf die Haut nehmen können. Über diesen Weg lassen sich Regionen behandeln, die ansonsten mit der klassischen IPK nicht erreicht werden. Die Erkenntnis, dass eine effektive Entstauung aus dem Genital- und Rumpfbereich möglich ist, bedeutet im Umkehrschluss, dass Ödemverlagerungen aus den Extremitäten in diese Regionen verhindert werden. Bei Lymphödemen im fortgeschrittenen Stadium können deutlich spürbar erweichende und entstauende Effekte bei der Lymphostatischen Fibrose erreicht werden. Erstaunlich gut können solche Anwendungen schmerzfrei von Patienten mit durch Traumen verursachten Ödeme toleriert werden. Durch das Experimentieren mit vielen elastischen Materialien wuchs die Erkenntnis, dass mit Stoffen, die elektrostatische Eigenschaften aufweisen, bessere Entstauungsresultate erzielt werden als mit antistatischen. Die Gründe für diese unterschiedlichen Reaktionsweisen sind bislang nicht geklärt.

Die Methode und der Einsatz bei Patienten ist ausführlich in dieser Publikation beschrieben:
[1.] 09/2020: „Intermittierende pneumatische Kompressionstherapie“ – Ein Leitfaden für Klinik und Praxis „Die IPK-Plus-Methode zur verbesserten Entstauung beim Lymphödem“
Herausgeber: Prof. Dr. med. Stefanie Reich- Schupke und Prof. Dr. Eberhard Raabe, WPV.-Verlag Auszug aus dem Buch
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Athletinnen und Athleten - Einsatz der IPK+ zur Regeneration

IPK+ Behandlungen wurden auch mit einer Sportlerin (Leichtathletin) und einer ebenfalls professionell arbeitenden Tänzerin durchgeführt, die bereits Erfahrung mit der IPK in herkömmlicher Weise hatten. Beide unterzogen sich regelmäßig über zwei Monate IPK+ Behandlungen nach Training, Auftritten bzw. nach Wettkämpfen und schätzen diese als eine sehr wirkungsvolle Maßnahme zur Regeneration. Die Anwendungen wurden mittels Hosenmanschette durchgeführt, so dass die Unterpolsterung auch über den inguinalen Lymphknoten wirken konnte. Übereinstimmend äußerten sich beide Probandinnen, dass sie eine Anwendung IPK+ als wirkungsvoller und angenehmer empfanden als eine ohne solche Unterpolsterung. Palpatorisch konnte der Anwender feststellen, dass sich Schwellungen der regionären Lymphknoten verminderten.

Lymphknoten verfügen über eine feste bindegewebige Kapsel, es ist daher nicht anzunehmen, dass man diese mit irgendwelchen Techniken direkt in sinnvoller Weise behandeln könnte. Vorstellbar wäre, dass die bei der IPK+ verwendeten Schaumstoffkörper die lymphgefäßreichen Zonen zwischen den epifaszialen Lymphknoten erreichen und bei den dort befindlichen vasa afferentia et efferentia eine Steigerung der Lymphangiomotorik bewirkt werden könnte.

Behandlungsbeispiele:

Unter der Rubrik Anwendungsbeobachtungen ist ein großes Spektrum an Fällen abgebildet. Der Anwender geht nach 8 Jahren (Stand 02/2023) fest davon aus, dass sich solche Behandlungserfolge in hohem Maß reproduzieren lassen.

Kontraindikationen

Es gelten bei der Anwendung der IKP-Plus die für die MLD/KPE bekannten und in der Leitlinie-IPK aufgeführten Gegenanzeigen. Eine solche Anwendung muss für Patienten beschwerdefrei durchgeführt werden können; ist dies nicht gegeben sollte keine IPK-Plus- Behandlung durchgeführt werden. Klaustrophobie (Platzangst) macht ab bestimmten Schweregraden eine Anwendung unter Umständen unmöglich. Sehr selten ereignen sich allergische Hautreaktionen nach einem Kontakt mit Schaumstoffen.

Zusammenfassung

Bei sorgfältiger Indikationsstellung, Beachtung der Kontraindikationen sowie korrekter Anwendung des Gerätes handelt es sich bei der IPK um eine sichere Therapiemaßnahme [5].

IPK Plus arbeitet, basierend auf der klassischen intermittierenden pneumatischen Kompression, mit einer zusätzlichen speziellen Form der Unterpolsterung. Im Gegensatz zu einer herkömmlichen Art der IPK-Anwendung ergeben sich folgende Vorteile:

  • Die in einer Zeiteinheit mobilisierte Flüssigkeitsmenge ist erheblich höher als mit der klassischen IPK.
  • An den Extremitäten wird nicht nur distal, sondern auch proximal eine Ödemreduktion erreicht.
  • Ebenfalls neu ist, dass eine entstauende Wirkung genital und in den unteren Rumpfquadranten auf apparativen Weg möglich ist.
  • Neu ist die Beobachtung, dass eine Lymphostatische Fibrose über einen apparativen Weg erweicht und entstaut werden kann.
  • Eine Anwendung mit Unterpolsterung wird signifikant als deutlich angenehmer empfunden als IPK auf herkömmliche Weise.

Eine IPK (Intermittierende Pneumatische Kompression) Behandlung sollte im Optimalfall nur von auf dem Gebiet der Lymphangiologie geschulten und erfahrenen Ärzten sowie Lymphdrainagetherapeuten eingeleitet werden, die bereits über genügend Erfahrung mit der bisher gängigen KET verfügen [6]. Die umfassende Aufklärung der betroffenen Patienten ist unerlässlich, und die Anleitung zum Selbstmanagement kann nicht durch Apparate erfolgen.

Literatur
1. 09/2020: „Intermittierende pneumatische Kompressionstherapie“ – Ein Leitfaden für Klinik und Praxis „Die IPK-Plus-Methode zur verbesserten Entstauung beim Lymphödem“
Herausgeber: Prof. Dr. med. Stefanie Reich- Schupke und Prof. Dr. Eberhard Raabe, WPV.-Verlag
2. Morand M. Führt eine definierte Abpolsterung unter der Intermittierenden Pneu­matischen Kompressionstherapie (IPK-Plus) zu einer Verbesserung der Entstau­ung beim Lymphödem?
LymphForsch 2019;( 23) 2:108-111.
3. Olszewski WL, Jain P, Ambujam G, Zaleska M, Cakala M, Gradalski T. Tissue fluid pressure and flow in the subcutaneous tissue in lymphedema – Hints for manual and pneumatic compression therapy. Phlebolymphology 2010; 17:144-50.
4. W. Konschake, H. Riebe, M.Vollmer, M. Jünger - Optimisation of intermittent pneumatic Compression in patients with Lymphoedema of the legs, European Journal of Dermatology, doi: 10.1684/ejd. 2022.4382
5. Schwahn-Schreiber C, Reich-Schupke S, Breu FX, Rabe E, Buschmann I, Döller W, et al.: S1-Leitli­nie: Leitlinie Intermittierende pneumatische Kom­pression (IPK, AIK) [AWMF Reg.Nr. 037/007]. http:// www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/037-007.html, 2018
6. S2k Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Lym­phödeme [AWMF Reg.Nr. 058-001]. http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/058-001.html, 2017.
7. H. Pritschow, C. Schuchhardt, et al. : Das Lymphödem und die KPE, ein Handbuch für die Praxis, S.62, H. Pritschow, C. Schuchhardt (Hrsg.), Viavital Verlag, 2014.


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