Sekundäre Armlymphödeme / IPK+ als Langzeitanwendung

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Patientin, 60 Jahre, Sekundäres Armlymphödem rechts, Stadium 2, Zustand nach Ablatio Mamma 03/2017 und Radiatio.

Ausgeprägte Schwellung des gesamten Arms, Handrücken balloniert, Stemmer`sches Zeichen positiv. Mildes Ödem und Induration re. thorakal vorne, dort auch leichte Überwärmung und Hyperpigmentierung. Die adipöse Patientin wiegt 96 kg, Größe 157 cm.

Krankengeschichte: Post-Radiatio, zunehmende Ödeme seit 05/2017, 10x IPK-Behandlung in Russland, 3x wöchentlich MLD in Deutschland ebenfalls ohne Kompression, dann Strumpfanpassung, Flachstrickversorgung für Arm und Hand. Nach dem Ausziehen dieser Versorgung tiefe gerötete Schnürfurchen.

Nach Rücksprache mit einer auf dem Gebiet der Lymphangiologie erfahrenen Fachärztin führten wir bei der in Deutschland nicht krankenversicherten Patientin folgendes Therapieregime durch:

Erstbehandlung, IPK+, 3 x 120 Min. in Verbindung mit zeitversetzter zweimal 30minütiger zentraler MLD-Behandlung. Obwohl die Patientin zu Behandlungsbeginn ihre Harnblase entleerte, bestand jeweils nach 120 minütiger IPK+ Behandlung das dringende Bedürfnis, ausgiebig Wasser lassen zu müssen. Die Umfangsverminderung (siehe Tabelle 1) war bereits nach diesem Behandlungsschritt beträchtlich, die zutage getretene immer noch deutliche Schwellung war nun kaum noch dellbar und von fester Konsistenz.

Die Abbildungen zeigen die Anordnung einer Komponente zur Therapie bei Armlymphödemen in einer Armmanschette, eine parallele zusätzliche MLD-Behandlung ist möglich.

Direkt im Anschluss versorgten wir den Arm mit einem Schaumstoff unterpolsterten lymphologischen Kompressionsverband (LKV). Aufgrund der deutlich indurierten Schwellungen, auch im Bereich der vorderen Thoraxwand, wurde an 8 aufeinander folgenden Tagen (außer sonntags), mit MLD, Hautpflege, LKV gearbeitet und im Rahmen des Selbstmanagements erlernte entstauende Krankengymnastik von der Patientin selbst durchgeführt. Der LKV wurde auch an den behandlungsfreien Sonntagen getragen und immer erst unmittelbar vor Behandlungsbeginn abgewickelt. Bereits nach nur acht Behandlungseinheiten erschien der Arm sehr gut entstaut und maximal gelockert, so dass eine neue Kompressionsversorgung ausgemessen werden konnte. Unmittelbar zuvor wurde eine 60minütige IPK+ Behandlung durchgeführt.

Vergleicht man die ermittelten Umfangswerte nach Ende der sechsstündigen IPK+ Behandlung mit dem Endergebnis der erfolgreich durchgeführten Phase 1 der MLD/ KPE, so war nur noch eine geringe Abnahme zu verzeichnen.

Bereits nach weiteren sechs Tagen konnte die Patientin, versorgt mit einem neuen, gut sitzenden flachgestrickten Kompressionsstrumpf KKL 2 und Handschuh, aus der Phase 1 der KPE entlassen werden und erhielt zwei Wochen später eine Zweitversorgung.

Zustand der Patientin nach 4 mal IPK+, MLD und Lymphologischer Kompressionsverband

Die Patientin beabsichtigt nun, mit einem qualitativ hochwertigen Produkt in Russland eine IPK+ Behandlung in Kombination mit Eigenbehandlung MLD in der Phase 2 durchzuführen.

Arm rechts
Messpunkte
im Abstand
von 4 cm
Strumpfanpassung durch Sanitätshaus Patientin erhält ihren neuen Kompressions-strumpf
14.03.2018 14.03.2018 14.03.2018 14.03.2018 14.03.2018 23.03.2018 29.03.2018
Umfänge in cm, vor Therapie Abnahme nach 60 Min. IPK+ Abnahme nach 120 Min. IPK+ Abnahme nach 240 Min. IPK+ Abnahme nach 360 Min. IPK+ Abnahme in der Phase 1, MLD/KPE n. 8x Behandlung Abnahme bei Ende der Phase 1, MLD/KPE n. 13x Behandlung
Hand 21,00 20,50 -0,50 20,50 -0,50 20,00 -1,00 18,50 -2,50 18,50 -2,50 19,00 -2,00
H.gelenk 20,50 20,00 -0,50 19,50 -1,00 19,00 -1,50 19,00 -1,50 18,50 -2,00 18,50 -2,00
22,50 21,50 -1,00 21,00 -1,50 20,50 -2,00 20,00 -2,50 19,00 -3,50 19,50 -3,00
25,50 24,00 -1,50 23,00 -2,00 22,00 -3,00 21,00 -4,00 20,50 -4,50 21,00 -4,00
30,50 29,00 -1,50 26,50 -4,00 25,50 -5,00 25,00 -5,50 24,00 -6,50 24,50 -6,00
33,50 32,50 -1,00 31,00 -2,50 30,50 -3,00 29,50 -4,00 27,00 -5,50 27,00 -5,50
34,50 34,00 -1,50 34,00 -0,50 33,00 -1,50 31,00 -3,50 29,00 -5,50 29,00 -5,50
E.gelenk 32,50 33,50 +1,50 34,00 +1,50 32,00 -0,50 30,50 -2,00 30,00 -2,50 30,50 -2,00
38,50 37,50 -1,00 37,00 -1,50 35,50 -3,00 33,50 -5,00 33,00 -5,50 33,50 -5,00
42,00 40,50 -1,50 39,50 -2,50 39,00 -3,00 38,00 -4,00 36,00 -6,00 36,00 -6,00
44,00 44,00 -1,00 43,50 -0,50 41,50 -2,50 41,00 -3,00 39,00 -5,00 39,00 -5,00
46,00 45,50 -0,50 45,00 -1,00 44,00 -2,00 43,00 -3,00 41,50 -4,50 41,50 -4,50
48,50 47,00 -1,50 45,50 -3,00 45,00 -3,50 43,50 -5,00 43,50 -5,00 43,50 -5,00
47,50 46,00 -1,50 45,00 -2,50 44,00 -3,50 43,50 -4,00 44,00 -3,50 43,00 -4,50

Fazit

Interessant ist der Verlauf einer mehrstündigen IPK+ Anwendung: Es zeigt sich von einem Behandlungsblock zum nächsten eine kontinuierliche Abnahme, bis hin zu einem beeindruckenden Endergebnis. Sechs Stunden im Liegen werden nicht nur in diesem Fall gut akzeptiert und als nicht übermäßig belastend empfunden; nicht selten verschlafen die auf diese Weise behandelten Patienten auch einen Teil dieser Zeit.

Aufgrund der vorgezogenen IPK+ Behandlung konnte die Phase 1 der KPE entschieden schneller durchgeführt werden. In diesem Fall hat die nicht krankenversicherte Patientin von einer nicht unerheblichen Ersparnis profitieren können. Nach Einschätzung des Anwenders konnten in diesem Fall zwei Wochen = 12 Behandlungssitzungen eingespart werden.

Mit den uns zur Verfügung stehenden Manschetten konnte die obere Rumpfquadrante nicht in die IPK+ Behandlung einbezogen werden, wir mussten daher ausgleichend die MLD mit einsetzen. Anders verhält es sich, wenn bei Patienten mit Ödemen im Bereich der unteren Rumpfquadranten Befunde aufweisen; diese können sehr gut in Hosenmanschetten mittels IPK+ erfasst werden.

Unsere Patientin konnte keine Angaben zu dem bereits in Russland verwendeten IPK-Gerät geben, empfand aber deutlich, dass die Anwendung IPK+ nicht nur deutlich wirkungsvoller war, sondern auch vom Gefühl her als angenehmer wahrgenommen wurde.

KPE mittels IPK+ Langzeitbehandlung eines Sekundären Armlymphödems, ohne Beteiligung der Ipsilateralen Rumpfquadranten, mit nur minimaler zusätzlicher Einsatz von MLD

Patientin, 69 Jahre, Sekundäres Armlymphödem, Stadium 2, rechts, seit 2006, Zustand nach Mammakarzinom 2005 und Radiatio. Ein Erysipel 04/2010, anschließend massive Zunahme der Schwellung.

Befund: Ausgeprägte Schwellung des gesamten Arms, Handrücken balloniert, Stemmer`sches Zeichen positiv. Das Ödem ist von weicher Konsistenz, unter Daumendruck sind tiefe Dellen erzeugbar. Obere Rumpfquadrante ödemfrei, Axillaregion palpatorisch unauffällig.

Leicht nässendes Ekzem, diese Veränderung erstreckt sich von der Mitte des dorsalen Oberarms und verläuft in einem ca. 2 cm lang verlaufenden Streifen bis knapp vor den Rücken. Die Patientin berichtete, dieses trete mal mehr mal weniger auf, nachdem im Jahr 2005 eine Chemotherapie erfolgte. Die normalgewichtige Patientin befindet sich in einem guten Allgemeinzustand, zusätzliche internistische Erkrankungen sind nicht bekannt. Bisherige Behandlung, Patientin erhielt nach ihrer Übersiedelung nach Deutschland einen flachgestrickten Kompressionsstrumpf ohne vorherige KPE-Behandlung, seit dieser Zeit erhielt sie zusätzlich 2 x wöchentlich MLD in isolierter Form. Nach dem Ausziehen dieser Versorgung imponieren tiefe, teils gerötete Schnürfurchen.

Phase eins der KPE: In erster Linie wurde IPK+ mit einer, üppig mit sehr klein gewürfeltem Schaumstoff (hohes Raumgewicht) gefüllten Muffe eingesetzt, nur vereinzelt wurde zentral während einer laufenden IPK-Behandlung noch zusätzlich Manuelle Lymphdrainage (MLD) appliziert.

Der mit 1,5 cm starkem Schaumstoff unterpolsterte lymphologische Kompressionsverband (LKV) wurde immer erst unmittelbar zu Beginn der jeweils nächsten Behandlungssitzung entfernt und auch an den therapiefreien Tagen in der gesamten Zeit der Phase 1 der KPE getragen. Die Akzeptanz und Verträglichkeit gegenüber dieser Maßnahme waren ohne Ausnahme sehr gut.

Ärztlich verordnete hautpflegerische Maßnahmen zur Behandlung der ekzematösen Stelle und zum Schutz der Haut vor Austrocknung erfolgten grundsätzlich vor dem Legen eines LKV.

Im Rahmen des Selbstmanagements erlernte entstauende Krankengymnastik und MLD wurden während der gesamten Therapiezeit von der Patientin selbst durchgeführt.

Therapieregime:
Do. 02.08., IPK+ 390 Min., anschl. LKV
Fr. 03.08., IPK+ 270 Min., anschl. LKV
Mo. 06.08., IPK+ 330 Min., anschl. LKV
Di. 07.08., IPK+ 330 Min., anschl. LKV

Die IPK-Sitzungen fanden meist in Rückenlage statt, hin und wieder haben wir auf Wunsch der Patientin auch in sitzender Position therapiert. Die einzelnen Behandlungssitzungen mussten 1 – 2 mal auf Grund von sich einstellendem hohen Druck auf die Harnblase unterbrochen werden.

Mi. 08.08.: IPK+ 90 Min., unmittelbar im Anschluss ermittelt eine in die Praxis gebetene Bandagistin Maße zur Herstellung einer Kompressionsstrumpfversorgung, das Lymphödem erscheint vollständig entstaut und die ausgeprägte lymphostatische Fibrose maximal gelockert. Dellen sind nicht mehr erzeugbar. Die Umfangsverminderung (siehe Tabelle 1) war bereits nach diesen ersten fünf Behandlungseinheiten beträchtlich. Im folgenden Verlauf kam die Patientin für eine weitere Woche nur noch im Abstand von zwei Tagen zur Behandlung, und wir versorgten sie jeweils im Anschluss an eine 60minütige IPK+ Behandlung mit einem LKV, dieser konnte jeweils auch über zwei Tage getragen werden. Für die Patientin bestand das Angebot, sich an den therapiefreien Tagen bei Bedarf mit einem LKV versorgen zu lassen.

Mi. 15.08.: Bereits nach weiteren sieben Tagen konnte die Patientin, versorgt mit einem neuen, gut sitzenden flachgestrickten Kompressionsstrumpf KKL 2 und einem separaten Handschuh plus Handrücken-Inlay aus Schaumstoff (Komprex), aus der Phase 1 der KPE entlassen werden. Schon kurz nach Aufnahme der Entstauungsbehandlung sahen wir eine deutliche Tendenz zur Abheilung der eingangs beschriebenen krankhaften Hautveränderung. Aktuell ist nur noch nahe dem Rücken ein ca. 1,5 cm langer und etwa 2 cm breiter Hautbezirk betroffen.

Therapie begleitende Umfangmessungen: Auf der nachfolgenden Seite sind die Ergebnisse der in verschiedenen Abschnitten der Therapie durchgeführten Umfangmessungen zu sehen.

Die in den Säulen 2 bis 4 errechneten Minuswerte beziehen sich immer auf die vor Therapieantritt ermittelten Werte aus der mit eins nummerierten Säule.

Arm rechts
Umfänge in cm, vor Therapie
Messpunkte im Abstand von 4 cm
Maße zur Fertigung neuer Kompressionsstrümpfe werden ermittelt Patientin erhält ihren neuen Kompressionsstrumpf Kontroll-Messung in der Phase 2 der KPE
1 2 3 4
01.08.2018 08.08.2018 15.08.2018 24.08.2018
Hand 21,00 20,50 -0,50 20,50 -0,50 20,00 -1,00
18,50 -2,50 18,50 -2,50 19,00 -2,00
Hand 24,50 19,50 -5,00 20,00 -4,50 19,00 -5,50
H.gelenk 20,00 16,50 -3,50 17,00 -3,00 16,50 -3,50
23,00 18,50 -4,50 19,00 -4,00 18,50 -4,50
27,50 22,00 -5,50 22,50 -5,00 22,00 -5,50
33,50 25,00 -8,50 25,50 -8,00 25,00 -8,50
35,50 28,00 -7,50 28,00 -7,50 27,50 -8,00
36,50 29,00 -7,50 29,00 -7,50 28,50 -8,00
35,50 28,50 -7,00 28,50 -7,00 28,00 -7,50
35,00 30,50 -4,50 31,00 -4,00 29,50 -5,50
36,50 31,50 -5,00 31,50 -5,00 31,00 -5,50
37,00 32,50 -4,50 33,00 -4,00 32,50 -4,50
36,50 33,50 -3,00 33,00 -3,50 33,00 -3,50
35,00 34,50 -0,50 34,00 -1,00 34,00 -1,00
34,50 34,00 -0,50 34,00 -0,50 34,00 -0,50

Fazit

Die vier zwischen 4,5 bis 6,5 Stunden dauernden IPK+ Sitzungen wurden auch in diesem Fall gut akzeptiert und als nicht übermäßig belastend empfunden.

Die Entscheidung, die Therapie auf diese Art verantworten zu können, beruhte auf der Tatsache, dass die wie schon eingangs beschriebene Ödemfreiheit im Bereich des Rumpfes gegeben war und sich das Ödem palpatorisch als eher sehr weich darstellte, auf diese Art und Weise konnte am ehesten ein gutes und schnelles Behandlungsergebnis erzielt werden.

Durch die beschriebene Art der Therapie konnte die Phase 1 der KPE entschieden schneller durchgeführt werden. Nach Einschätzung des Anwenders hätte eine herkömmliche Behandlung mit einer leitliniengerechten MLD/KPE-Phase 1 mindestens 3, aber eher 4 Wochen in Anspruch genommen.


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